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Thomas Weinberger. »schön.« 99 sunsets

Ort
C 1
Zeitraum
07.07.2013 - 03.11.2013

Thomas Weinberger (geb. 1964) zeigt mit seiner Installation „schön. 99 sunsets“ eine fotografische Arbeit, die sich mit einem einzigen Motiv intensiv auseinandersetzt – dem Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Sie lenkt damit die Aufmerksamkeit der Betrachter auf eine Ikone der Künste. Das Motiv des gelbroten Kreises vor unterschiedlich schattiertem, dunklem Hintergrund entfaltet in den Künsten seine ästhetische Wirkung zumeist als Szenerie. Fern von den funktionalen Bedeutungen der Sonne als Licht und Leben spendender Stern in der Galaxie Milchstraße, erlebt der Mensch das Verschwinden der Sonne als ein besonderes Phänomen. Er ergötzt sich an dem Verglühen des intensiven Lichts, das noch zur Mittagszeit die Augen blendet. Tritt die Sonne allmählich hinter den Horizont, erschließt sich der Wahrnehmung die Mannigfaltigkeit der Farben, die vom Sonnenlicht ausgehen, vom Leuchtgelb zum Orange und Abendrot. So stellt sich die Erfahrung der Natur seit der Romantik als ein Sinnenerlebnis dar.
Kritisch anknüpfend an diese Beobachtung hinterfragt Weinberger, warum das Bild der Sonne gemeinhin als schön empfunden wird. Er sucht jene fotografische Aufnahme, die das Besondere der Sonne tatsächlich wiedergibt. Neunundneunzig untergehende Sonnen beleuchten daher in seiner Installation „schön.“ das Rätsel, wie der fotografische Blick das Licht der Sonne im Bild bannt. Anders als die paradigmatische Beschwörung des Schönen, die der subjektive Blick auf das Motiv zelebriert, geht er dabei von der dokumentarischen Objektivität seines Bildmaterials aus. So zeigt Weinbergers Installation abweichend von der Tradition der Malerei und ihren romantischen Abendstimmungsbilder gesammelte Sonnenuntergänge aus der ganzen Welt. Systematisch vervielfältigt und seriell gehängt, konfrontieren sie den Betrachter im Ausstellungsraum C1 mit dem Versuch einer Charakteristik des Lichts. Das Kabinett für Gegenwartskunst wird so zu einem Labor; ohne Konkurrenz ist ein einziges Kunstwerk zu betrachten. Wer sich in seine Anschaulichkeit vertieft, kann sich mit den fotografischen Bildern eine andere Erkenntnis von der Sonne und vom Licht erschließen.
Auch wenn die Installation über vier Wände die Licht spendende Funktion der Sonne erforscht, beschränkt sich Weinberger nicht auf den Anspruch der dokumentarischen Fotografie, Dinge des Alltagslebens, beispielsweise Zechen, wiederzugeben. Seine Aufnahmen distanzieren sich von den Mitteln und der Position der Becher-Schule, insofern sie Zweifel an der Vorstellung vom verführerischen Motiv schüren. Sie reflektieren in der Wiederholung die Aufgabe des Fotografen, das ästhetische Sehen der Fotografie selbst aufzuzeigen, anstatt mit der fotografischen Technik ein Abbild der Wirklichkeit zu geben. Denn im Gegensatz zu allen anderen Motiven der Fotografie, die die Gegenstände in dem von ihnen reflektierten Licht zeigen, fokussieren Weinbergers „99 sunsets“ direkt das Licht. Sie sind der Inbegriff der Fotografie als solchen, die im Allgemeinen das Licht aufzeichnet.