Newsletter Anmeldung
Kunsthalle Göppingen

Informationen zu Ausstellungen, Eröffnungen und dem Begleitprogram.

Zur Anmeldung
Malzeit

Informationen zum Kunstvermittlungsprogramm.

Zur Anmeldung

Berlin 80er Jahre - Berlin 1979-89 aus der Sicht eines Sammlers

Ort
Halle oben
Zeitraum
05.09.1999 - 17.10.1999

Vom 5. September bis 17. Oktober 1999 zeigt die Kunsthalle Göppingen in den 80er Jahren in Berlin entstandene Kunstwerke aus einer großen und bedeutenden berliner Privatsammlung – Malerei von ter Hell, Reinhard Pods und Gerd Rohling, und Plastiken von Rainer Mang und Olaf Metzel.

Die Eröffnung findet am Sonntag, dem 5. September 1999, um 11.00 Uhr statt. Zur Einführung spricht Heiner Schepers, Kunstverein Kunsthalle Lingen.

Die berliner Kunst in den 1979-1989, in den zehn Jahren vor dem Fall der Mauer, war von mehreren Strömungen geprägt. Von mehreren Künstlergalerien ausgehend sorgte eine junge Künstlergeneration von Berlin aus international für Aufsehen. Aus der Galerie am Moritzplatz gingen die sogenannten „Jungen Wilden“ hervor. Sie machten mit neoexpressionistischer Malerei sich das eigene Leben zum Thema, das Abenteuer Großstadt, Architektur und Stadtbilder, exzessive Sexualität und den Mythos der Stadtindianer. Als das Leben aus verschiedenen Gründen nicht mehr so inselhaft und exzessiv war, verblaßte auch die Kraft ihrer Bilder und sie verschwanden aus dem Ausstellungszirkus, der durch ihre Bilder mächtig aufgeheizt worden war.

Die berliner Sammlung beinhaltet mehr Bilder von einer zweiten Gruppe, die mit er Künstlergalerie Galerie 1/61 gleichzeitig in einem Industriegebäude entstand und von dem heute in München lebenden Olaf Metzel. Mit derselben Vehemenz werden dort malerische Freiheiten und plastische Konzepte ausgelebt, mit provozierender Direktheit, wie es damals vielleicht nur in Berlin möglich war. In der Ausstellung werden Schlüsselbilder gezeigt, auch für eine nachhaltigere Entwicklung und Bedeutung in der Kunst, unmittelbar vor dem Fall der Mauer, als Berlin noch eine Insel mit zugleich großer kultureller Verdichtung und Ausstrahlung war. Die hier ausgestellten Künstler haben genauso spektakulär neue Bilder geschaffen, aber viel mehr und direkter die Kunst selbst, die Debatte um Malerei und Plastik im Auge gehabt. Das Austoben im Machen spielte eine wesentliche Rolle, aber auch genauso das Bewußtsein um die Möglichkeiten von Grenzüberschreitungen und das Gespür für starke Bilder.

Ter Hell kommt aus der abstrakt gestischen Malerei des Informel und des abstrakten Expressionismus in Amerika. „Hi Jackson“ (1979) transferiert diese Freiheit in den provozierend direkten Gestus, der Malerei wie Grafitti auf der Leinwand als Antwort und selbstbewußte Eigenständig ausdrückt. „Ich bin’s“ steht auf einem anderen Schriftbild ter Hells, und das wirft einen bezeichnenden Blick auf die anderen Bilder des Künstlers, die Malerei immer wieder anders ausbreiten.

Reinhard Pods rührt vehement in der Ursuppe der Malerei, in der Farbe. „Jetzt“ über die Malerei geschrieben und gemalt, klingt wie ein Manifest für die Spontaneität. Malerei wuchert, ist ein farbiges und physisches Ereignis. Die Malerei wird dem kultivierten Bürger regelrecht entgegengeschleudert, grenzwertiger kann sie kaum sein.

Für Gerd Rohling hat, wie für andere berliner Künstler, die Stadt mythische Qualität. Wie eine Theaterkulisse lassen die Bilder die Verführung, die Stimmung, die Geheimnisse, das Lebensgefühl ahnen. Die Malerei, die Farben sind der eigentliche magische Faktor. Die klassische Tafelmalerei vermischt sich mit Skulptur und entwickelt neue figurative und materiale Dimensionen. Die unverkennbaren Skulpturen von Rainer Mang schotten sich wehrhaft ab, schon in ihren wie durch Kinderhand begriffenen Formen. Darüber haben sie eine Haut, z.B. aus Kachelstücken, Glassplitter machen sie unnahbar, nur mit Gefahr und äußerster Vorsicht kommt man ihnen nahe. Tiere und vor allem Menschen in ganz verschiedenen Haltungen sind dargestellt, sie sind packend und distanziert zugleich, vertraut und doch entziehen sie sich jeglicher Vereinnahmung.

Olaf Metzel ist ein Einzelgänger. Seine Plastiken bezeichnen ein feines Gespür für Umwälzungen. Zerstörung macht aufmerksam, Aggression öffnet, kann etwas im Umbruch vorstellen. Olaf Metzels Plastiken verkörpern das, hintergründig provozierend, politisch bewußt und auch in der Geschichte der Bilder und Dinge, die in seine Bilder eingehen. Eine monumentalisierte Pistole ist die Schnittstelle zwischen staatlicher und terroristischer Gewalt. In manchen Arbeiten ist Olaf Metzel ein vitaler, politisch denkender Romantiker.

In der Ausstellung ist eine andere Atmosphäre der Kunst wesentlich, als dies in den Ausstellungen der Gegenwartskunst der 90er Jahre vermittelt wird. Es lohnt sich, dem Aufmerksamkeit zu zollen, was im großen Spekulationszirkus des Kunstmarktes der 80er Jahre widerborstiger war, nachhaltiger an der Vitalität in Berlin teilhatte und doch auch diese gleichzeitige Zeitgeist-Kunst unterlaufen hat. Diese Arbeiten sind auch heftige Antworten auf die Kunst der Väter, eines Informel von Fred Thieler, oder auf den abstract expressionism eines Jackson Pollock z.B.. Und Widerstand ist immer noch ein höchst interessanter Motor des Fortschritts. Die Kunst ist provozierend, die Dinge solcher Bilder und Plastiken werden scharf, unannehmbar, irrational, und daraus entwickelt sich ihre gewiß nicht dekorative Kraft. Vielleicht kann eine solche Ausstellung auch für die 90er Jahre nicht Vorbild, aber Stachel im Fleisch sein.