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Albert Coers. 669 (aus meines Herzens Grunde)

Ort
C 1
Zeitraum
06.04.2014 - 25.05.2014

Der in München und Berlin lebende Künstler Albert Coers baut mit Büchern Installationen. Ganz unterschiedliche räumliche Situationen verwandelt er durch die Schichtung und Stapelung von Büchern. Ineinander verkeilt oder lose aufeinander gelegt entstehen mit den zweckentfremdeten Büchern komplexe Strukturen, deren teils riskante, teils bizarre oder lustige Komposition an Bauwerke erinnern. Die Bücher erobern den Raum und verwandeln ihn. Seit 2004 prägt das Medium Buch die künstlerischen Arbeiten von Coers, die er an verschiedenen Orten in Deutschland, Italien und Ägypten realisiert hat. Dabei springen zwei Dinge ins Auge: Das Wechselspiel mit der Architektur und die Lust am Zusammentragen, denn allen Installationen liegt neben der Spezifik des Ortes eine Sammlung, ein Archiv oder eine Bibliothek zugrunde.

Für seine aktuelle Installation in der Kunsthalle Göppingen wählte Albert Coers das katholische Gesangbuch „Gotteslob“, das 1975 erschien. Nun wird es von einer Neuauflage abgelöst, so dass die Bücher, die durch unzählige Hände gegangen sind und denen man den Gebrauch und damit ihre Geschichte ansieht, verschwinden werden. Rote und schwarze Gesangbücher aus verschiedenen Kirchen und Klöstern, unter anderem aus Dillingen, Höchstädt und Günzburg, schichtet der Künstler zu einem Bild. Die nahezu einheitliche Größe der Bücher gibt der Schichtung einen Rhythmus vor. Mit dem Kopfschnitt zum Betrachter hin ausgerichtet, hängen die Lesebändchen aus den Gesangbüchern heraus, als ob dies eine letzte Aufforderung ist, die entsprechende Seite aufzuschlagen und unter einer bestimmten Ziffer ein Lied anzustimmen. Doch die Geschichte hat die Bücher auch verändert, sie hat Spuren hinterlassen. Verfärbungen an den Einbänden und Verschiebungen des Buchblocks, abgestoßene Kanten und angerissene Seiten entheben die einzelnen Bücher als individuelle Objekte aus der Masse. Jedes einzelne Exemplar sticht hervor, geht aber auch in der neutralisierenden Struktur der Schichtung auf; alle zusammen bilden eine Einheit aus dem Vielen, ein kollektives Gedächtnis.

Die Installation „669 (aus meines Herzens Grunde)“ überführt das Gesangbuch als einem Gebrauchsgegenstand aus dem religiösen Alltag in einen neuen, ästhetischen Zusammenhang. Mit dem Arrangement zeigen sich materiale Eigenschaften und bildnerische Formen, die dem Medium Buch eine ganz andere, architektonischskulpturale Erzählung abgewinnen.

Albert Coers studierte Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte in München und Pisa. An der Akademie der Bildenden Künste München studierte er Bildhauerei/Installation bei Albert Hien und Heribert Sturm. Studien- und Arbeitsaufenthalte führten ihn nach Carrara, Genua und Alexandria. In zahlreichen Ausstellungen hat Coers die Möglichkeiten des Buches als künstlerisches Material erprobt und sichtbar gemacht, u.a. mit einer Arbeit in der Rathausgalerie München, aber auch im Rahmen der von ihm kuratierten Gruppenausstellung im Kunstbau, Lenbachhaus München (2013); weitere Ausstellungen fanden statt im Kunstverein Tiergarten Berlin (2012), im Haus der Kunst München (2010), in der Bibliotheca Alexandrina/Goethe-Institut Alexandria (2008), im Palazzo Ducale Genua (2008) und im Kunstmuseum Heidenheim (2006).